Stellungnahme zum Beitrag "Kontenklau",
der am 28.01.97 im ARD-Magazin PlusMinus gezeigt wurde.
Datum: 03.02.97
Am Dienstag, den 28.01.1997 ist im ARD-Magazin PlusMinus ein
Beitrag über die Schwachstellen im Online-Banking mit dem Tenor
"Kontenklau" gesendet worden. In dem Bericht wurde gezeigt, wie mit
dem Internet-Zugangsprogramm von Microsoft, dem Browser "Internet
Explorer", dank der neuen Microsoft-Technologie "ActiveX" ein PC
quasi ferngesteuert wurde, ohne daß der unerfahrene PC-Nutzer
die Manipulation entdeckte. Mit ActiveX können kleine
Software-Programme geschrieben werden, die die Funktionalität
des Microsoft Internet Explorer erweitern, nach dem Laden über
das Internet sich automatisch auf dem Kundenrechner installieren und
theoretisch vollen Zugriff auf den Kunden-Rechner haben. In dem
PlusMinus-Beitrag lud sich ein unerfahrener Online-Banking-Kunde
durch Anklicken einer manipulierten Internet-Seite, beispielsweise
mit dem Titel "Millionär in fünf Minuten", ein getarntes
Virus-ActiveX-Programm auf seinen PC. Anschließend startete das
Programm unbemerkt vom PC-Besitzer: Es aktivierte die
Sammelüberweisungsfunktion der Intuit-Finanzverwaltungssoftware
"Quicken", erzeugte einen Überweisungsauftrag über 20.- DM
und stellte ihn in die Sammelüberweisungsdatei ein. Bei der
nächsten Sammelüberweisung des Kunden wurde die
Überweisung vom Kunden ungewollt mit ausgeführt.
Voraussetzung für die Manipulation war, daß alle
Sicherheitsvorkehrungen, wie die manuelle Passworteingabe, innerhalb
der Quicken-Software ausgeschaltet waren und daß die
Ausführung von ActiveX-Programmen im Microsoft-Browser vom
Kunden erlaubt war.
Dieser Computer-Virus-Angriff wurde auf dem Chaos Communication
Congress 96 des Chaos Computer Clubs in Hamburg ausgetüftelt und
anschließend in Thüringen von zwei Hackern in
Zusammenarbeit mit dem mdr sendereif gemacht. Unrichtig ist die
Verallgemeinerung dieses Angriffs in der Weise, daß damit jetzt
alle 2 Millionen Online-Banking-Kunden in Deutschland vor
Manipulationen Angst haben müßten. Insbesondere wurden in
dem PlusMinus-Beitrag Internet-Seiten der Deutschen Bank und der
Direkt Anlage Bank gezeigt, die Java-basierte
Internet-Banking-Lösungen von Brokat Systeme
(http://www.brokat.de) einsetzen. Der damit geweckte Eindruck,
daß auf die Brokat-Lösungen ähnlich einfach Angriffe
durchgeführt werden können, ist falsch.
Grundsätzlich unterscheiden sich die Brokat-Lösungen von
einer Finanzverwaltungssoftware wie Intuit "Quicken" oder Microsoft
"Money" dahingehend, daß der Internet-Kunde für
Internet-Banking außer einem Internet-Browser, der Anwendungen
in der Programmiersprache "Java" verarbeiten kann, keine
zusätzliche Software oder Hardware auf seinem Kundenrechner
installieren muß. Will der Kunde Home-Banking machen, lädt
er sich direkt vom Bank-Rechner kleine Java-Home-Banking-Programme,
sogenannte Applets, in seinen Browser und bringt im Browser die
Applets zur Ausführung. Die Java-Home-Banking-Applets von Brokat
ermöglichen dabei eine hochsichere Verschlüsselung von
vertraulichen Bank-Transaktionen über das Internet. Eine
Fremdbedienung der Java- Home-Banking-Applets durch Computer-Viren
ähnlich zu dem gezeigten mdr-Angriff ist ausgeschlossen;
theoretisch denkbar sind höchstens Manipulationen im Verlauf
einer tatsächlichen Bedienung der Java-Anwendung durch den
Kunden. Praktische Virus-Angriffssenarien sind bisher nicht bekannt
und dürften wenn überhaupt wesentlich schwieriger zu
realisieren sein.
Bisher wird die Kundenidentifizierung bei den Brokat-Lösungen
durch das aus dem BTX-Banking bekannte PIN/TAN-Verfahren vorgenommen.
Mögliche Virenangriffe auf einem Kundenrechner um in den Besitz
der Persönlichen Identifikationsnummer (PIN) und ungenutzter
Transaktionsnummern (TANs) zu kommen, sind ein beliebtes Thema in
Hackerkreisen. Trotzdem T-Online bereits seit geraumer Zeit seinen
Kunden neben einem BTX-Zugang auch einen Internet-Zugang bietet, sind
entsprechende Angriffe auf BTX-PIN/TANs aus einem theoretischen
Stadium nie herausgekommen. Dennoch wird in naher Zukunft das
PIN/TAN-Verfahren der Brokat-Lösungen durch digitale
Kunden-Signaturen ersetzt, wie sie gegenwärtig auch im
Gesetzesentwurf zur digitalen Signatur (Signaturgesetz - SigG)
diskutiert werden.
Die Microsoft-Technologie ActiveX wird wie die
"Plug-in"-Technologie von Netscape dazu genutzt kleine Programme zu
schreiben, die die Funktionalitäten der jeweiligen Browser
erweitern, bei Microsoft der Internet Explorer und bei Netscape der
Navigator. Problem bei ActiveX-Programmen ist, daß sie nach dem
Laden über das Internet ohne Prüfung automatisch und damit
eventuell vom Kunden unbemerkt auf dem Kundenrechner installiert
werden. Netscape Plug-ins dagegen müßen nach ihrem Laden
explizit noch gestartet werden, um sie auf dem Kundenrechner zu
installieren. Damit ist die Gefahr einer unbemerkten
Virus-Installation ausgeschlossen. Beide Technologien lassen einen
Zugriff auf das Betriebssystem des Kunden-Rechners zu. Oft wird die
Microsoft-Programmiersprache ActiveX zu Unrecht mit der
Programmiersprache Java verglichen. Java-Programme werden nie auf dem
Betriebssystem des Kunden installiert, sondern werden im Browser
selbst zur Ausführung gebracht. Sie werden als
Software-Ergänzung zu der bekannten Internet-Dokumentensprache
HTML gesehen. Java-Programme können vom Browser aus nicht auf
das Betriebssystem oder andere Anwendungen des Kunden zugreifen.
Heute wird das für Java-Applets erst über zusätzliche
ActiveX- oder Plug-In-Programme möglich. Künftig werden
Java-Applets auch als Ganzes digital signierbar sein. Diese "signed
Applets" lassen sich dann eindeutig Ihrem Absender zuordnen und
können bei Bedarf auch direkt auf die Anwendungen des
Kundenrechnerszugreifen. In Java geschriebene Viren-Programme
können damit schon rein theoretisch einen viel geringeren
Schaden anrichten als Viren, die in ActiveX- oder Plug-In-Programmen
versteckt sind.
Einen höheren Schutz gegen Virusangriffe auf Kunden-Rechnern
läßt sich mit Hardware-geschützten
Tastatur-Verschlüsselungs-Lösungen (TVL) realisieren. Dies
wird dadurch erreicht, daß eine TVL vertrauliche
Tastatureingabe einer bestimmten Länge, nach Ihrer Eingabe
direkt durch die TVL verschlüsselt wird, ohne daß die
Eingaben noch einmal in den Kunden-PC eingespielt werden. Der Befehl
zur Aufzeichnung und Verschlüsselung dieser Tastatureingaben
kommt dabei von einer speziellen Home-Banking-Software auf dem
jeweiligen Kunden-PC. Letztlich bietet auch eine solche Lösung
keinen absoluten Schutz vor Virusangriffen. Grundlage eines
potentiellen Virusangriffs ist die Tatsache, daß ein Kunde
seine Tastatureingaben nur auf der Basis von Bildschirmanweisungen
durchführt:
- Der Virus gelangt auf den PC des Kunden, beispielsweise in
Form eines getarnten ActiveX-Controls.
- Der Virus ist zunächst inaktiv
- In dem Moment, wo die TVL von der TVL-Home Banking-Software
der Befehl zum Starten des Tastatur-Verschlüssels mit der
Zahl für die Eingabe der Zeilkontonummer gesendet wird,
greift der Virus ein. Er ersetzt die Original-Bildschirmanzeige
eines Überweisungsformulars durch eine andere
Anweisungs-Anzeige, die den Nutzer zur Eingabe einer vorgegebenen
Zahlungskombinationen auffordert, z. B. " Vor Eingabe Ihrer
Kontonummer geben Sie bitte zur Freischaltung des Bank-Rechners
die Kennziffer 234385 ein." In Wirklichkeit gibt der Kunde mit
dieser Kennziffer eine andere Zielkontonummer ein. Die TVL
signiert und verschlüsselt die vorgetäuschte Kennziffer
und schickt diese an den Bank-rechner, der die Kennziffer als
Zielkontonummer interpretieren wird.
- Nach der Eingabe der Kennziffer ersetzt der Virus die
Anweisung-Anzeige durch die Original-Bildschirm-Anzeige und
deaktiviert gleichzietig die Tastatur-Verschlüsselung
über die Anzahl der Zeichen der Zeilkontonummer. Die jetzt
vom Kunden richtig eingegebene Zielkontonummer wird nicht von der
TVL erfaßt und eine weitere Durchreichung an den Bank-Server
vom Virus verhindert.
- Ähnlich würde der Virus verfahren, wenn der Befehl
zum Starten der Tastaur-Verschlüsselung mit der Anzahl der
für die Eingabe der Zielbankleitzahl gesendet wird. Die
vorgetäuschte Anweisungsanzeige könnte hierbei lauten
"Bitte bestätigen Sie die Freischaltung mit der Kennziffer
30070010".
Die weiteren Daten gibt der Kunde wie von der TVL-Home-Software
vorgegeben ein. Der Bankserver führt die Überweisung durch
und schreibt das Geld dem vorgetäuschten Viruskonto gut.
Welches Sicherheitssystem eine Bank beim Online Banking
implementiert, entscheidet sich nicht an der Betrachtung seiner
absoluten Sicherheit, sondern seiner "Sicherheitsrentabilität",
ein Begriff, der vermutlich erstmalig von Brokat so definiert worden
ist. Zu ihrer Erinnerung stellen die Banken die Aufwände, die
durch den potentiellen Mißbrauch einer abgesicherten
Online-Banking-Lösung entstehen können, den mit den
Schutzmaßnahmen verbundenen Aufwänden für
Einrichtung, Logistik, Betrieb, Wartung, Endkundenservice und
Aufrüstung gegenüber. Das Ergebnis ist die relative
Sicherheit. Besonders gegenüber investitionsintensiven
hardwaregeschützten Tastatur-Verschlüsselungs-Lösungen
oder aufwendig zu installierender, serviceintensiver traditioneller
Verschlüsselungs-Software weisen die Java-basierten
Brokat-Internet-Banking-Lösungen meistens das beste
Rentabilitätsverhältnis auf, was die Anzahl der bisherigen
Referenzinstallationen bestätigt.
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