Computer/Banken/
Hacker manipulierten mit Microsoft-Technologie Online-Überweisungen
Dresden/München (dpa) - Computer-Hacker aus dem Umfeld des Chaos Computer
Clubs haben mögliche Manipulationen von Online-Überweisungen auf dem PC mit
Hilfe der neuen Microsoft-Technologie "ActiveX" demonstriert. In einem
Beitrag des ARD-Wirtschaftsmagazins "Plusminus", der am Dienstag abend
ausgestrahlt werden sollte, zeigen die Hacker, wie mit dem
Internet-Zugangsprogramm von Microsoft, dem "Internet Explorer", dank
"ActiveX" ein Computer quasi ferngesteuert werden kann, ohne daß unerfahrene
Nutzer die Manipulation entdecken. Im vorgeführten Fall wurden von einem
fremden Konto 20 Mark überwiesen, berichtete der Mitteldeutsche Rundfunk
(MDR) in Dresden am Dienstag vorab.
Als Köder diente eine manipulierte Internet-Seite, beispielsweise mit dem
Titel "Millionär in fünf Minuten". Klickt ein Online-Banking-Kunde diese
Internet-Seite an, wird ein ActiveX-Programm in seinen PC geladen, das
wiederum eine Finanzverwaltungssoftware ("Quicken") aufruft. Die
Manipulationssoftware füllt dann das entsprechende Überweisungsformular aus,
und der Betrag wird bei der nächsten Sammelüberweisung des PC-Besitzers
unbemerkt mit überwiesen.
Frank W. Felzmann, der Sprecher des Bonner Bundesamtes für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI), bestätigte prinzipiell diese
Mißbrauchsmöglichkeit. "Wir haben uns das vorführen lassen und glauben, daß
so etwas wirklich möglich ist." Allerdings müßten dabei alle
Sicherheitsvorkehrungen wie die manuelle Passworteingabe innerhalb der
Finanzsoftware ausgeschaltet werden. "Wenn Sie bei einem Auto die Schlüssel
stecken lassen, müssen Sie sich auch nicht wundern, wenn der Wagen geklaut
wird." Insgesamt habe das "ActiveX"- Konzept von Microsoft deutliche
Sicherheitslücken, die noch größer als bei der konkurrierenden
Netzwerk-Programmiersprache "Java" von Sun Microsystems seien, sagte der
BSI-Sprecher.
Der Sprecher von Microsoft in Deutschland, Thomas Baumgärtner, räumte
prinzipiell ein, daß mit krimineller Energie die "ActiveX"- Technologie
mißbraucht werden könne. Innerhalb des Internetzugang-Programms "Internet
Explorer" könne allerdings jeder Nutzer die Ausführung von
"ActiveX"-Programmen untersagen. "Wer richtiges Geld auf seinem PC
verwaltet, sollte diese Sicherheitsoption auf jeden Fall nicht
deaktivieren."
Andy Müller-Maguhn, der Sprecher des Chaos Computer Clubs, betonte, beim
jetzigen Stand der Dinge könne von der Nutzung des "Internet Explorers" mit
"ActiveX" nur abgeraten werden. Bereits wenige Tage nach der Freigabe von
"ActiveX" durch Microsoft seien im Internet Seiten aufgetaucht, die einen
ferngesteuerten Absturz eines PC verursachten.
"ActiveX" wurde von Microsoft eingeführt, um Multimedia- Animationen und
kleine Dienstleistungsprogramme über Datennetze schicken zu können.
"ActiveX"-Programmierer müssen ihr Programm bei Treuhänderfirmen
registrieren lassen, damit sie automatisch über das Netz ausgeführt werden.
Nicht registrierte Programme lösen einen Warnhinweis auf dem PC aus,
allerdings kann diese Warnfunktion auch abgestellt werden.
dpa cd kh 281249 Jan 97
|