Bötsch und Kanther hintertreiben die Infogesellschaft

Zur abgesagten Postregulierungsratssitzung und zu neuen Verschlüsselungsplänen der Bundesregierung erklärt der forschungs- und postpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Bundestag, Dr. Manuel Kiper:

Bundespostminister Bötsch hat kurzfristig die für Montag, den 17. März vorgesehene Postregulierungsratssitzung abgesagt. Wesentlicher Tagesordnungspunkt war die Organisation der künftigen Regulierungsbehörde. Bereits auf der Januarsitzung des Postregulierungsrats konnte Bötsch keinen Fahrplan und nur vage Ideen zur Regulierungsbehörde vorstellen.Ohne Klarheit über die Struktur und Arbeitsweise der zukünftigen Regulierungsbehörde bleibt der Wettbewerb in der Telekommunikation zahnlos. Ohne Bündelung von Sachverstand zur Regulierung bereits im Jahre 1997 kann die Öffnung der Telekommunikationsmärkte zum 1.1.1998 nicht funktionieren. Bundespostminister Bötsch hat weder einen Zeitplan, noch ein Konzept, noch offensichtlich ein Interesse an der fristgerechten Arbeitsaufnahme der Regulierungsbehörde. So entläßt die Telekom zwar planmäßig insgesamt 70000 Mitarbeiter und bereitet sich aggressiv auf den Wettbewerb vor. Die Konkurrenten der Telekom haben aber - ohne neutrale Regulierungsbehörde in Aussicht - ihre Investitionen auf Eis legen müssen. Bötsch verhindert die neuen Arbeitsplätze.

Informations- und Kommunikationstechnologie ist der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, so die Bundesregierung. Doch sie hält nicht nur Telekommunikationsunternehmen hin, sie wirft auch Informationstechnik-Unternehmen Knüppel zwischen die Beine. Mit dem Informations- und Kommunikationstechnik-Dienstegesetz (IuKDG) schafft die Bundesregierung keine Rechtssicherheit, sondern errichtet neue juristische Stolpersteine. Bürgerinteressen wie der Verbraucherschutz blieben unberücksichtigt. Die widersprüchlichen Gesetzes-Definitionen lassen offen, welcher Dienst unter das Gesetz oder den Mediendienste-Staatsvertrag fällt. Klären müssen das die Gerichte - auf Kosten der Anbieter. Das von Rüttgers vorgelegte Konzept zur digitalen Unterschrift mit zwischengeschalteten notariellen Zertifizierungsstellen (Digitale-Signatur-Gesetz) ist völlig unflexibel und kostentreibend.

Die Vorschrift zu Zertifizierungsstellen für digitale Signaturen soll den Zugriff für staatliche Schnüffelei offen halten. Gegen die Bedenken des Wirtschafts- und Justizministeriums berät die Bundesregierung auf Druck von Kanther zur Zeit drei Varianten eines Kryptogesetzes, die allesamt den Interessen der Bürger und der Unternehmen zuwider laufen. Die erste Variante sieht Auflagen für Anbieter von Verschlüsselungsdienstleistungen vor, nach denen diese zum Aufbewahren der geheimen Schlüssel ihrer Kunden verpflichtet werden sollen. Die zweite Variante macht zusätzlich das Inverkehrbringen von Verschlüsselungssystemen von einer Genehmigung abhängig. Bei der dritten Variante soll dazu noch das Verbot ungenehmigter Verfahren hinzukommen.

Obwohl der Bundesregierung die Unwirksamkeit dieser Regelungen bekannt sind, erwägt sie, den durch solche Verbote drohenden immensen wirtschaftlichen Schaden und den Verlust von Bürgerrechten in Kauf zu nehmen. Im Bereich der Telekommunikation wie der Informationstechnologie zeigt sich damit die Bundesregierung unfähig, die viel beschworenen zukunftsfähigen Arbeitsplätze durch neue Technologien und die Informationsgesellschaft zu schaffen.

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