Der Brief des Erpressers!

Darin droht er den Flughäfen mit einem Flugzeugabsturz

27.04.1997

Von B. UHLENBROICH

Ein neuer, bisher unbekannter spektakulärer Erpressungsfall hat über Wochen das Bundeskriminalamt, die Generalbundesanwaltschaft und das Bundesverkehrsministerium in Atem gehalten und Alarm auf den deutschen Großflughäfen ausgelöst.

Wie BamS jetzt erfuhr, hatte der Erpresser am 20. März einen anonymen Brief an insgesamt 15 deutsche Flughäfen geschickt - darunter Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart, Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld, Leipzig, Dresden und Köln/Bonn. In dem Schreiben, das BamS vorliegt, drohte er: "Wir bringen ein düsengetriebenes Passagierflugzeug mit einigen hundert Personen an Bord zum Absturz." Die Katastrophe könne nur durch eine Lösegeldzahlung von insgesamt 50 Millionen Mark verhindert werden.

Den Absturz der Jets wollte der Täter mit Hilfe eines ferngesteuerten Modellflugzeugs, einer sogenannten Drohne, herbeiführen. Er drohte, das Gerät beim Start in die Turbinen der Maschinen zu lenken.

Das Bundeskriminalamt in Wiesbaden und die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe nahmen sofort die Ermittlungen auf. Außerdem wurde das Bundesverkehrsministerium eingeschaltet. Denn der Erpresser hatte gefordert, daß Minister Mathias Wissmann (CDU) die Verhandlungen bis zur Geldübergabe führen sollte. Außerdem verlangte der Erpresser, daß künftige Kontaktaufnahmen per Computer über das Internet geführt werden sollten. Nachdem die Kripo, wie gefordert, eine E-Mail-Adresse für den Täter angelegt hatte, meldete er sich gleich mehrfach. Allerdings sendete er seine Nachrichten nicht direkt an den Polizeicomputer, sondern verschickte sie in mehreren Stationen über das amerikanische Computernetz, nachdem er ihre Herkunft über sogenannte Remailer anonym gemacht hatte. Auf diese Weise ist die Absendeadresse kaum noch nachvollziehbar. Erst mit Hilfe der US-Behörden gelang es den Experten in Wiesbaden, die Spur der Nachrichten nach Deutschland zurückzuverfolgen.

Mitte letzter Woche wurden die Fahnder fündig. Sie durchsuchten am Mittwoch im Großraum Hamburg die Wohnung des 25jährigen Timo F. und stellten etliche Beweise sicher. Timo F. selbst trafen sie in der Wohnung nicht mehr an. Er saß schon im Gefängnis. Ohne von der Erpressung zu wissen, hatte die Hamburger Polizei den hochverschuldeten Computerfreak Timo F. kurz nach seiner letzten Kontaktaufnahme Anfang April wegen einer Steuerstrafsache verhaftet. Eine Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft: "Wir ermitteln gegen Timo F. wegen räuberischer Erpressung." Weil er Minister Wissmann als Kontaktperson gefordert hatte, wird gleichzeitig ein Verfahren wegen "versuchter Nötigung eines Mitglieds eines Verfassungsorgans" eingeleitet.

Minister Wissmann ist über den Ausgang der Erpressung erleichtert: "Erpressungsversuche und die Androhung von Gewalt müssen grundsätzlich immer ernst genommen werden - so auch in diesem Fall. Ich bin deshalb sehr froh, daß die mit dieser Angelegenheit befaßten Sicherheitsorgane die unerfreuliche Situation jetzt vollständig unter Kontrolle haben und keine Menschen durch die Bedrohung zu Schaden gekommen sind."

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