Zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage erklärt der
forschungspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Dr.
Manuel Kiper:
Die Bundesregierung hat die Debatte um ein Kryptogesetz um eine neue
Variante bereichert. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage erklärte sie:
"Ein Verbot bestimmter Kryptographieverfahren ist seitens der
Bundesregierung nicht vorgesehen. Geprüft wird allenfalls eine Regelung der
Nutzung von Kryptographiesystemen, sodaß Forschungsarbeiten weiterhin
durchgeführt werden können." Dieses semantische Kunstwerk läßt nun zwei neue
mögliche Regulierungen zu:
- Nutzungsverbote für das Inland ohne Verbot von Entwicklung und Nutzung für
den Export. Der ist zwar eingeschränkt, aber andere befreundete Länder - in
die exportiert werden darf - könnten nach einem Kryptogesetz ja laxere
Regelungen haben, die bundesdeutschen Unternehmen einen Exportmarkt eröffnen.
Auch bei einem hierzulande eingeschränkten Schutz der Bürgerrechte wäre dann
wenigstens der Exportwirtschaft geholfen.
- Die Regelung der "Nutzung von Kryptographiesystemen" wie Drogen im
Betäubungsmittelgesetz: Die Anwendung - auch der Besitz? - bestimmter
Systeme wird verboten. Erfahrungen mit Designerdrogen zeigen dabei den Weg
in eine permanente Eskalationsspirale. Will die Bundesregierung etwa PGP
Version 262 verbieten? Das zieht nur die schnelle Verbreitung einer neuen
Version nach sich. Oder sollen doch alle Systeme verboten werden, die mehr
als 40-Bit Codes nutzen? Unklar bliebe zudem, ob so nur der Versand
kryptierter Nachrichten oder schon die Sammlung verschiedenster
Kryptosysteme und -algorithmen verhindert würde.
Das Verbot von Kryptoverfahren wie auch Nutzungsregelungen bleiben so
untaugliche, allenfalls symbolische Politik. Schon im November erklärte der
Leiter der Abteilung Innere Sicherheit im BMI, Rupprecht, er gehe durchaus
davon aus, daß die immer gern angeführten Mafiosi auch illegale
Kryptoverfahren nutzen würden. Sollte jedoch bei einer Überwachungsmassnahme
die Nutzung illegaler Kryptierverfahren festgestellt werden, wäre dies ein
wichtiger Hinweis, der zu einer entsprechenden Erweiterung der Ermittlungen
führen würde. Überdies sei von Vorteil, daß aus dem Kreis der illegale
Kryptierverfahren nutzenden Kommunikationspartner eines Verdächtigen sogleich
auf die Struktur der gesuchten organisierten Kriminellen geschlossen werden
könne.
Auch erklärt die Bundesregierung: "Eine unmittelbare Forschungsförderung auf
dem Gebiet der Kryptologie findet nicht statt. Die hier durch das BSI
eingesetzten öffentlichen Mittel dienen der Entwicklung verlässlicher
Kryptosysteme, die mit dem Schwerpunkt im staatlichen Geheimschutz Anwendung
finden." Damit eine an den Interessen der Allgemeinheit ausgerichtete Forschung
an Kryptosystemen nicht zu schnell fortschreitet, wird sie nicht gefördert.
Nach dem Willen der Bundesregierung soll es so bleiben. Kryptographie für den
Staat, aber ausreichenden Schutz elektronischer Komunikation weder für die
BürgerInnen noch für die Wirtschaft. Immer klarer wird, daß bei den
Planungen für ein Kryptogesetz Bürgerrechte und der Schutz der Privatsphäre
einem blinden Aktionismus der Bundesregierung in der Verbrechensbekämpfung
geopfert werden sollen.
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