Presseerklärung zur Einrichtung des www.crypto.de Servers

02.05.1997

Internet-Aktion gegen eine Kryptografie-Regelung

Nicolas Reichelt vom INM-Institut für Neue Medien in Frankfurt am Main hat eine Aktion gestartet, um auf die drohende Regelung von Verschlüsselung (Kryptografie) durch das Innenministerium aufmerksam zu machen und Internet-Benutzern Gelegenheit zu geben, ihren Protest gegen eine Regelung zum Ausdruck zu bringen. Ähnlich wie bei der "Blue-Ribbon" Aktion der Electronic Frontier Foundation in den USA oder seiner eigenen "Wanzenaktion" im letzten Jahr kann jeder Internet-Benutzer, der eine eigene Homepage besitzt, sich ein stilisiertes Schlüsselloch auf seine Seite setzen, um damit auf die drohende Verschlüsselungsregelung aufmerksam machen. Dieses Schlüsselloch führt dann als "Link" zu der Seite http://www.crypto.de/, wo aktuelle Informationen zur Problematik bereitgehalten werden.

Anlaß für diese Aktion war eine Rede des Bundesinneministers Kanther auf dem letzten BSI-Kongreß in Bonn. "Wider besseren Wissens versucht Kanther eine restriktive Regulierung von Verschlüsselung durchzusetzen, obwohl Experten sogar aus den eigenen Reihen vor der Unwirksamkeit einer solchen Regulierung, dem Schaden für die deutsche Wirtschaft und dem Ansehensverlust im Ausland warnen. Ich möchte zeigen, daß die Einführung einer solchen Regelung auf breiten Widerstand in der deutschen Netzgemeinde trifft." kommentiert Reichelt seine Aktion.

Verschlüsselung funktioniert im Prinzip nach einem Doppelschlüssel-System. Will mir jemand eine verschlüsselte Nachricht schicken, benutzt er meinen "öffentlichen" Schlüssel zur Verschlüsselung, den ich nur mit meinem "privaten" Schlüssel dekodieren kann.

Nur mit Verschlüsselung (Kryptografie) ist es möglich im Internet private Nachrichten und Mitteilungen vor dem Zugriff Dritter zu schützen. Dies ist nicht nur notwendig, um seine Privatsphäre zu schützen, auch die Wirtschaft ist auf diese Verfahren angewiesen, um sich gegen das Ausspähen durch Wirtschaftsspione zu schützen. Auch Geldtransaktionen im Internet sind nur mit Verschlüsselung sicher durchführbar. "Die Forderung, meinen privaten Schlüssel, den ich brauche, um an mich gerichtete Mitteilungen zu entschlüsseln, bei einer Behörde zu hinterlegen, ist genau so absurd, wie die Vorstellung, meinen privaten Wohnungsschlüssel bei der Polizei zu hinterlegen, falls mal eine Hausdurchsuchung bei mir stattfinden sollte." beschreibt Reichelt die Situation.

Die Bekämpfung der Kriminalität in den elektronischen Medien durch eine Regulierung von Verschlüsselung ist nach Expertenmeinung kaum geeignet. Kriminelle werden immer einen Weg finden, eine Regelung zu umgehen, sei es durch Verstecken von Daten in harmlosen Dateien (Steganografie) oder durch "Überschlüsselung", d.h. durch Tarnen einer illegalen Veschlüsselung durch eine weitere legale Verschlüsselung. "Eine Regelung trifft garantiert den Falschen." meint Nicolas Reichelt dazu.

Nicolas Reichelt ist Mitarbeiter im INM-Forum in Frankfurt. Er ist als Leiter des 3D-Departments zuständig für die Produktion von 3D-Animationen, 3D-Visualisierung und interaktiven Virtual-Reality Anwendungen, und hat im letzten Jahr eine Aktion gegen Teile des Telekommunikationsgesetzes gestartet (http://www5.inm.de/tkg/). Das INM-Forum in Frankfurt am Main faßt das 1989 als Institut für Neue Medien an der Städelschule, Frankfurt gegründete und seit 1994 als eingetragener Verein selbständig weitergeführte Institut und die 1996 gegründete inm-nmerical magic gesellschaft für neue medien mbh als eigenständige Unternehmungen zusammen. Schwerpunkte liegen in der Konzeption, Realisierung und Betreuung innovativer Projekte auf den Gebieten WWW, Multimedia, 3D-Simulation und Medienkunstinstallationen.

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