Regierungskoalition verunsichert mit widersprüchlichen Äußerungen zur
Nutzung von Verschlüsselungsverfahren die junge Multimedia-Branche
Anläßlich der heute in Hannover zu Ende gehenden CeBIT´97
erklären der stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende der SPD,
Wolfgang Thierse, MdB und der Medienexperte der SPD-Bundestagsfraktion Jörg
Tauss, MdB:
Die Bundesregierung muß in einer für den Standort Deutschland so
wichtigen Frage wie der Datensicherheit endlich eine klare Position
gegen eine sinnlose und wirtschaftsfeindliche Krypto-Regulierung
beziehen.
Zur Eröffnung der CeBIT ´97 verkündete der Bundeswirtschaftsminister
Günter Rexrodt, daß es nach seiner Ansicht und "nach Meinung der
Bundesregierung keine Nutzungsbeschränkungen für Verschlüsselungstechnik in
Deutschland geben darf". Die in Hannover versammelte Wachstumsbranche nahm
ihn beim Wort und atmete für kurze Zeit auf. Der Fachverband
Informationstechnik (ZVEI) verzichtete sogar auf eine eigens zu dieser
Problematik angesetzte Pressekonferenz, auf der sicherlich wenig
schmeichelhafte Worte für die rückwärtsgewandte Technologiepolitik der
Bundesregierung gefallen wären.
Daß im Redemanuskript des Ministers lediglich "meine Meinung" stand
und daß am selben Tag der innenpolitische Sprecher der
CSU-Bundestagsabgeordneten forderte, die "Anbietung und auch die Nutzung
nicht genehmigter Kryptierverfahren" unter Strafe zu stellen, fiel leider
kaum auf. Verfrüht lobte man die Einsicht der Bundesregierung in die
Sinnlosigkeit einer gesetzlichen Beschränkung von Verschlüsselungstechnik
und gab Entwarnung in dieser für Standort und Bürgerrechte entscheidenden
Frage.
Jedoch, hierfür besteht kein Grund: Mag die Eröffnungsrede des
Ministers seine persönliche Meinung wiedergeben und ihn vor "Prügel" der in
Hannover versammelten Wachstumsbranche bewahrt haben, die Position der
Bundesregierung ist sie offensichtlich nicht. Weder die spärlichen
Informationen über die Arbeit des "Staatssekretärsausschusses für das
geheime Nachrichtenwesen", noch über die des Innenministeriums lassen einen
Verzicht auf ein Krypto-Gesetz erwarten. Vielmehr ist damit zu rechnen, daß
noch zur Sommerpause ein Entwurf das Bundeskabinett erreicht, der - nimmt
man die Äußerungen des zuständigen Abteilungsleiters ernst - weitgehende
Einschränkungen enthalten wird. Mit seinen Einsichten steht Rexrodt damit im
Kabinett gegen eine breite Front von Kanzleramt bis Innenministerium
ziemlich allein da.
Rechtssicherheit ist ein entscheidender Faktor für
Investitionsentscheidungen. Der klare Verzicht auf Beschränkungen bei der
Verschlüsselungstechnik wäre einer der wenigen Standortvorteile europäisch
er Firmen gegenüber den ansonsten in Fragen der Informationstechnik
übermächtigen US-Industrie. Die Bundesregierung darf dies im Interesse
unseres Landes nicht aus populistischer Symbolik zerstören!
Bonn, den 19.03.97 / jk&moe
Jan Mönikes, Parlamentarischer Mitarbeiter
Jörg Tauss, MdB, Bundeshaus, 53113 Bonn
moenikes@mdb5.bn.eunet.de
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