Bundesregierung plant ein Verbot jeglicher Verschlüsselungstechniken
in elektronischer Massenkommunikation
Wie der SPIEGEL in seiner morgigen Ausgabe berichten wird, plant die
Bundesregierung den Gebrauch von Verschlüsselungsprogrammen im Datenverkehr
des weltweiten Internets drastisch einzuschränken. Gemäß dem SPIEGEL soll
die Anwendung solcher Technologie künftig einer Genehmigungspflicht
unterliegen. Vertreiber von Verschlüsselungsprogrammen machen sich laut
SPIEGEL schon strafbar, wenn sie Programme ohne "Hintertür" für
Sicherheitsbehörden verbreiten.
Mit einem derartigen Gesetz würde sich die Bundesrepublik Deutschland
in die tiefe Steinzeit der elektronischen Massenkommunikation zurückbomben!
Nicht nur, daß ein solches Verschlüsselungsverbot technisch fast
undurchführbar ist, weil es möglich ist verschlüsselte Nachrichten in einem
verschickten Bild für jeden Uneingeweihten zu verstecken, sondern vor allen
Dingen weil dadurch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches
von Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert wird, aufs gröbste verletzt
werden würde. In Datennetzen wie dem Internet, in denen es jedermann möglich
ist fremde emails abzufangen und mitzulesen, muß es jeder Person möglich
sein seine Post durch Verschlüsselung dem Zugriff von unberechtigten Dritten
zu entziehen! Auf diesen Zusammenhang wies der Virtuelle Ortsverein der SPD
bereits Mitte November 1995 in einer entsprechenden Erklärung hin.
Andere Länder haben diesen Zusammenhang bereits erkannt und
beschreiten Pfade, die in die entgegengesetzte Richtung führen. In den USA
gab es kein Verbot von elektronischen Verschlüsselungstechnologien, sondern
Exportbeschränkungen. Wer dort ein solches Programm auch nur innerhalb der
USA mit einem Ausländer besprechen wollte brauchte eine Genehmigung der
US-Regierung, weil er sonst gegen den Arms Export Control Act verstoßen
hätte. Ein Bezirksgericht in Kalifornien entschied nun, das diese
Genehmigungsvorschrift in Widerspruch zur US-Verfassung stehe. Diese
Entscheidung ließ einen Jubelschrei durch die US-amerikanische Internetszene
fahren. Phil Zimmermann, der Erfinder des Verschlüsselungsprogrammes "Pretty
Good Privacy" (PGP) einer Art Quasi-Standard auf diesem Gebiet, meinte:
"Dies zeigt, daß der gesunde Menschenverstand, der mich dieses Programm vor
fünf Jahren schreiben und verbreiten ließ mich nicht getäuscht hat." Phil
Zimmermann wurde in den USA damals wegen Verstoßes gegen eben jene
Exportbestimmungen vor Gericht gestellt.
Wer dieses Programm in Deutschland anwendet gibt nach den Plänen der
Bundesregierung Anlaß "zu weiterführenden Ermittlungen". Dabei räumt die
Bundesregierung selbst die Unverhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen ein: "Um
einen eher kleinen Personenkreis zu treffen, werden weite Teile der
Bevölkerung in ihrem Umgang mit persönlichen elektronischen Daten berührt."
Wer die Unverhältnismäßigkeit der angewandten Mittel schon derart
eingesteht, der schreckt auch vor dem großen Lauschangriff nicht mehr lange
zurück.
Man kann nur hoffen, daß diesmal Bonn selber darauf kommt, daß in
unserem Grundgesetz ein Artikel 5 existiert und daß nicht Karlsruhe die
Herren von der Bundesregierung wieder darauf hinweisen muß!
Arne Brand 21.12.96
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