Pressemitteilung des Konservativen Gesprächskreises Hannover e.V.
Von kghann@aol.com in z-netz.datenschutz.spionage am 4.Jan 1997 14:40:24 GMT unter 19970104143800.JAA18781@ladder01.news.aol.com veröffentlicht.

Konservativer Gesprächskreis Hannover e.V.

Hannover, den 04.01.97

Referat Internetz

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Für ein Grundrecht! - Für das Postgeheimnis! - Für die Freiheit!

Kurz vor Weihnachten berichtete der Spiegel über eine klammheimliche Gesetzesinitiative, mit deren Hilfe die Bundesregierung im Schnellverfahren strikte gesetzliche Regelungen zum Gebrauch von Verschlüsselungssoftware beschließen möchte. In einem vom "Staatssekretärsausschuß für das geheime Nachrichtenwesen und die Sicherheit" in Auftrag gegebenen Bericht mahnen die Verfasser, daß angesichts der neuen Telekommunikationstechniken "ein großer Entscheidungsdruck" bestehe.

Um "Extremisten und organisierten Kriminellen" (man beachte die Reihenfolge!) die Verständigung mittels verschlüsselter Computerbotschaften zu verbauen, schlagen die Experten eine generelle Genehmigungspflicht aller Verschlüsselungsverfahren vor. Demnach ist eine solche Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn die benutzte Software den Behörden ein "Schlüsselloch" zum Decodieren der übermittelten Nachricht anbietet. Bereits die Verwendung einer nicht genehmigter Verschlüsselungssoftware wird unter Strafandrohung gestellt, auch wenn sich in der verschlüsselten Nachricht lediglich zwei Studenten zum abendlichen Bier erabreden.

Diese Maßnahme richtet sich in erster Linie gegen die im Internet kostenlos verfügbare Verschlüsselungssoftware PGP (Private Good Privacy). PGP wurde von Phil Zimmermann der Netzgemeinde "gestiftet", damit nicht "nur Drogenkartelle und staatliche Institutionen" über wahrhaft sichere Übermittlungswege verfügen, sondern diese jeder Privatperson zugänglich sind. PGP ist nach gegenwärtigem Wissensstand ein militärisch sicheres Codierungsprogramm und verfügt über keinen "Generalschlüssel". Da der Quellcode jedem Experten im Internet offensteht, kann ein eingebautes Hintertürchen ausgeschlossen werden.

Nun kann man der Meinung sein, daß "man nicht so wichtig ist", daß für den persönlichen Gebrauch ein Verschlüsselungsprogramm zur Nachrichtenübermittlung notwendig ist. Da aber seit dem Ende des Kalten Krieges sich die Geheimdienste (außer dem Bundesnachrichtendienst) schwerpunktmäßig der Wirtschaftsspionage widmen, ist eine solche Verschlüsselungsmethode für international tätige Unternehmen zwingend notwendig. Es muß ausdrücklich festgestellt werden, daß auch und gerade die mit der Bundesregierung "befreundeten" Dienste sich der Wirtschaft zugewandt haben und nun ihren jeweiligen Landsleuten in den Chefsesseln ihre Industrien z. B. Entwicklungs- oder Angebotsunterlagen deutscher Firmen zuleiten. Die Firma Siemens wurde zu einem prominenten Opfer, als ein Auftrag über die Lieferung von Eisenbahn-Zügen nach Fernost an die französische Konkurrenz ging. Man stelle sich mal vor, was passiert, wenn ein deutsches Unternehmen beim BND in Pullach um Unterstützung im weltweiten Konkurrenzkampf bittet. Dröhnendes Gelächter in Pullach dürfte die harmloseste Konsequenz eines solchen Ansinnens sein. Und stellen Sie sich mal weiter vor, was passiert, wenn bei den Behörden der späten Bundesrepublik ein Generalschlüssel zu einem Verschlüsselungsprogramm liegt. Wer nimmt die Wetten an, wie schnell sich der Generalschlüssel unter den Freunden in Europa verteilt?

Selbstverständlich dienen diese Maßnahmen der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Jörg Tauss, Bundestagsabgeordneter der SPD hat verdienstvollerweise bereits vor der Spiegelveröffentlichung in der News-Gruppe "de.org.politik.spd" auf das Gesetzesvorhaben hingewiesen und vom vertraulichen Treffen der Referenten der Innenministerien aus Bund und Ländern am 19.12.1996 in Bonn berichtet. Das Treffen diente dazu, so Jörg Tauss, "die Länder rasch auf die Law and Order-Linie des BMI und des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, einzuschwören, damit öffentliche Kritik von Fachleuten und Unternehmen bezüglich eines Krypto-Verbots in der friedlichen Stille der Weihnachtsfeiertage nicht voll zum Tragen kommt".

Wie sehr sich die Bundesregierung um das öffentliche Sicherheitsempfinden sorgt, zeigt die Zunahme der Alltagskriminalität seit dem Regierungsantritt Kohls. Auch auf ganz anderer Ebene scheut sich der Kohl-Staat nicht, erhebliche Rechtsbeugungen zu veranstalten und fremder Leute Geld der gezielten Vernichtung zuzuführen (Enteignungen in der sowjet. Besatzungszone, Euro). Jetzt will man den deutschen Unternehmen auch noch die Möglichkeit der sicheren Nachrichten-Übermittlung nehmen, ist aber kläglich machtlos, wenn organisierte Kriminelle sich z. B. in einem zentralafrikanischen Regionaldialekt unterhalten.

Es scheinen nicht gerade die aufgewecktesten Experten zu sein, die den Gesetzentwurf ausarbeiten: Denn selbstverständlich gibt es Ausweichmöglichkeiten, wenn in dem "freiesten Staat, den es in Deutschland jemals gegeben hat" (Zitat nach einem Bonner Funktionär) das Verschlüsselungsprogramm PGP verboten wird. Zwar sind sie (derzeit) weniger komfortabel in der Bedienung, aber sie sind nicht minder sicher und über Filterprogramme nicht feststellbar.

Beispielsweise ist im Internet die Shareware "Stego" unter der Adresse http://www.fqa.com/romana/ (siehe auch: http://ourworld.compuserve.com/Homepages/konservativ/stego.htm) erhältlich. Dieses Programm versteckt einen Text, der natürlich auch mit PGP codiert sein kann, in den Millionen von Farbpunkten (Pixels) einer Bilddatei. Damit kann problemlos in einer Datei mit dem Bildnis der Präsidentin des Deutschen Bundestages ein Lebertranrezept oder ein beliebig anderer Text versteckt werden.

Die Gesetzesinitiative bringt der öffentlichen Sicherheit kein Gewinn. Dafür wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnis für alle offensichtlich aufgegeben und die deutschen Unternehmen bei der Abwehr von Wirtschaftsspionage anderer Industriestaaten nachhaltig beeinträchtigt. Die späte Bundesrepublik weist auf diese Weise bei Inkrafttreten der Gesetzesvorlage eine weitere Gemeinsamkeit mit dem System der untergehenden DDR auf.

Im Namen der Freiheit werden alle Bürger aufgerufen:
Nehmen Sie diese Grundrechtsverletzung nicht hin. Helfen Sie mit:

  • Abgeordnete anzusprechen und zu informieren,
  • Abgeordnete zu einer möglichst öffentlichen Stellungsnahme zwingen,
  • Unternehmen auf das drohende Verbot kostenfreier und perfekter Verschlüsselungs-Software hinzuweisen und
  • den Plan zu vereiteln, in den ruhigen Tagen um den Jahreswechsel eine solche Gesetzesvorlage geräuschlos auf den Weg zu bringen.

Mit freundlichem Gruß
Horst Schilling

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